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Drehorgelmusik (mechanische Musik)

  • thomas13489
  • vor 6 Tagen
  • 2 Min. Lesezeit

 

Auch wenn es viele Vorläufer und ältere Ursprünge gab: Das 19. Jahrhundert ist das Jahrhundert der mechanischen Musik. Drehorgeln, die Organette Ariston, Spieldosen, Flötenuhren, selbstspielende Klaviere mit Notenrollensteuerung oder das „Polyphon“-Werk aus Leipzig und große „Orchestrions“ mit vielen Instrumenten hinter aufwändiger Fassade sind nur einige der „Wunderwerkel“, wie man in Österreich sagt. Kurz vor 1800 entstanden die ersten dieser Instrumente. Damit konnte Musik nicht mehr nur vom Adel live genossen werden, sondern sie schaffte es auch zu den ärmeren Leuten. Eine Art „Demokratisierung der Musik“. Nach 1895 war deren Zeit mit dem Aufkommen des Grammophons schon wieder zu Ende.

1969 wurde der Club Deutscher Drehorgelfreunde (CDD) gegründet, der sich der Renaissance der Drehorgel verschrieben hatte. Den Glaubenskrieg zwischen den Anhängern der Walzen- bzw. Notenrollen-Orgeln und der Midisysteme lassen wir hier mal außen vor, weil das ein eigenes großes Thema ist. Jedenfalls fanden oft gut betuchte Bürger Gefallen daran, diese historischen Instrumente wieder zu spielen. Die innere Logik dieser Bewegung legte den Schwerpunkt des Musikangebots auf Traditionelles bzw. Historisches. Die Spielerinnen und Spieler erschienen in oft aufwändigen Kostümen hinter ihren Orgeln in der Öffentlichkeit. Man frönte der vermeintlich guten alten Zeit.

Doch diese Periode geht mit Macht zu Ende. Hatte der CDD Anfang er 2000er Jahre noch über 1.000 Mitglieder, sind es heute schätzungsweise noch 300 – Tendenz: Dramatisch fallend. Einer der letzten noch aktiven Orgelbauer sagte mir vor kurzem „Der Zug ist gefühlt schon abgefahren“. Nachwuchs gibt es kaum, die bisherigen Spieler sind hochbetagt. Folgerichtig gibt es heute ein dramatisches Überangebot an Drehorgeln, die wegen des Todes ihrer einstigen Eigentümer nicht mehr gebraucht werden. Eine der vielen Ursachen für das sich abzeichnende Ende dieser Musikgattung: Das veraltete Musikangebot interessiert jüngere Menschen nicht. Die Drehorgelspielerinnen und -spieler bleiben bei ihren Festivals unter sich. Bestenfalls können sie noch in Altersheimen oder Kirchen landen.

Dabei ist das zentrale Problem der einschlägigen Szene die ausgebliebene „Vermarktung“ und Promotion. Es wurden keine zeitgemäßen Rahmen wie Themenkonzerte, Mitmachevents oder öffentlichkeitswirksame Superlative geboten, die Aufmerksamkeit generieren. Dabei muss mechanische Musik nicht bei einem Vierteljahrhundert alten Schlagern stehen bleiben. Denn große chromatische Drehorgeln können praktisch jede Musik in Szene setzen: Pop oder Rock, moderne Klassik ebenso wie Techno. Wenn ein jüngeres Auditorium doch in Kontakt mit moderner Drehorgelmusik kommt, deren Wirkung noch durch gemeinsamen Gesang verstärkt wird, ist es meist regelrecht begeistert.


 
 
 

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