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Drehorgler*innen

 

Name: Sandro Neugebauer

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Welche Drehorgel(n) spielen Sie?

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Eine 20er Drehorgel von Rainer Klein und eine 31er Stüber Violinopan

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Wie kann man Ihr Liederrepertoire beschreiben?

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Ich spiele eher traditionelle Stücke, aber auch ab und an etwas, was man auf der Drehorgel eher überhaupt nicht erwartet (es ist für mich ein Leichtes, meine Idee umzusetzen, da ich selbst für Drehorgeln und mechanische Musikautomaten arrangiere)

 

Wo treten Sie auf und wo liegen Ihre Präsentationsschwerpunkte?

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Auf Drehorgelfestival im Inland z.B Berlin und Waldkirch bei Freiburg sowie auf der "Oid'n Wies'n" in München zusammen mit weiteren Drehorgelspielern nenne wir uns dort: "Münchner Drehorgelfreunde" auch wenn ich der einzige Münchner bin. Aber ich fahre auch zu Treffen im Ausland beispielsweise nach Keszthely (Ungarn), welches 2023 zum 10.mal stattfindet.

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Wie fanden Sie zu dieser Art von Musik?

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Ich bin Musiker. Spiele mehrere Musikinstrumente und da kommt man halt irgendwann auch in Berührung mit der mechanischen Musik. Bei mir war es eine Kirmesorgel, gebaut von Gebr.Bruder aus Waldkirch, welche ich auf dem Oktoberfest gesehen und gehört habe. Da ist dann eben der "Virus Mechanische Musik" auf mich übergesprungen und seitdem nicht mehr weggegangen.

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Wie beschreiben Sie die aktuelle Lage der Drehorgel-Community?

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Es gibt viele Drehorgelfestivals im In- und Ausland und überall findet man nur durch die Drehorgel neue Freunde, die auch alle Spaß und Freude an diesem Hobby haben. Das heißt also, dass Kultur verbindet. Mehr Inklusion geht definitiv nicht!. Beispiel: In Berlin sind jedesmal 12 Nationen dabei (Belgien, Niederlande,USA, Usbekistan, Dänemark, England, Österreich, Schweden, Schweiz, Deutschland,sogar Mexico und Chile). Musik hat ihre ganz eigene Sprache und doch verbindet sie uns und wird von jedem verstanden, egal woher die Menschen kommen.

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Wie sehen Sie die Zukunft?

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Um die Zukunft der Drehorgel auf eine bessere Ebene zu führen, müssten erstmal in großen Städten wie z.B in München das Verbot für Drehorgeln aufgehoben werden. Dabei wissen die meisten nicht einmal, was eine Drehorgel genau ist. Ansonsten helfen eben die Drehorgelfestivals auch mit, dass die Drehorgel eine Zukunft hat und dass Interesse bei den Leute geweckt wird.

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Welche Wünsche hätten Sie für die Szene, wenn Sie Wünsche frei hätten?

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Dass die Drehorgel als vollwertiges Musikinstrument anerkannt wird. Vor allem bei Musikern werden Mechanische Musikautomaten leider immer wieder belächelt. Ich wünsche mir, dass die Drehorgel wieder mehr in Städten zu hören ist (Aufhebung des Verbots für Drehorgeln).

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Interessantes, Besonderes, Lustiges?

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Ich selbst komme durch die Drehorgel mehr als durch meine Konzerte als Organist oder Pianist mit den Leuten ins Gespräch und habe dabei sehr viele schöne Erfahrungen gemacht. Eine davon war: Ein anderer Drehorgelspieler und ich spielten in Starnberg am See auf der Seepromenade. Als wir zusammengepackt haben, kam eine Familie mit einem kleinen vielleicht 4- oder 5-jährigen Jungen auf uns zu. Der sagte wortwörtlich - wie ein Erwachsener: "So und jetzt Feierabend für heute"! Wir haben uns alle wirklich schlapp gelacht haha und genau das sind Situationen, die du für kein Geld der Welt kaufen kannst.

 

 

 

Name: Lange Klaus

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Welche Drehorgel(n) spielen Sie?: 37 Hofbauer, 20 Zunge Raffin, Watterott Harmonika

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Wie kann man Ihr Liederrepertoire beschreiben?: Für alt und jung ist immer etwas dabei. Schön ist es wenn kleine Kinder vor der Drehorgel tanzen.

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Wo treten Sie auf und wo liegen Ihre Präsentationsschwerpunkte?: Ich bin ein Straßenmusikant

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Wie fanden Sie zu dieser Art von Musik?: Ich bin schon als kleiner Junge hinter den Drehorgelspieler hergelaufen, diese Musik war die meine. Wenn ich einmal selber Geld verdiene, habe ich gesagt, dann kaufe ich mir eine Drehorgel. Ich musste 30 Jahre warten, aber dann war eine 26er Hofbauer mein. Heute habe ich 75 Jahre errecht und spiele immer noch fast jeden Tag die Drehorgel. Auch wenn nur zu Hause.

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Wie beschreiben Sie die aktuelle Lage der Drehorgel-Community?: Leider ist die Wertigkeit der Drehorgel zu Zeit nicht mehr gegeben, "schade". Aber die Hofnung auf bessere Zeiten geben wir nicht auf. "Oder???"

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Wie sehen Sie die Zukunft?: Weiter machen! Wir müssen die Menschen wieder für diese schöne Musik begeistern. Man muss nicht nur drehen, sondern die Menschen mit der schönen Musik erreichen.

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Welche Wünsche hätten Sie für die Szene, wenn Sie Wünsche frei hätten?: Nicht nur immer auf das Klimpergeld schauen, sondern die Musik im Herzen haben.

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Interessantes, Besonderes, Lustiges?: Warum ich Leierkasten spiele? „Am meisten fasziniert mich am Drehorgelspielen, wenn ich anderen damit eine Freude machen kann.“ Da spielt wieder einmal ein „Leierkasten“, oh guckt mal, ein Drehorgelspieler, so schallt es in der Straßenmenge. Das ist Musik in meinen Ohren. Der Leierkastenmann lebt doch noch, auch in der schnelllebigen Zeit. Fast alles in der heutigen Zeit ist darauf ausgerichtet, schneller, weiter, besser zu sein. Das überträgt sich natürlich auch auf das Leben eines jeden Einzelnen. Die Musik kann dabei helfen, wieder zu entspannen, was ich auch immer wieder bemerke, wenn ich aufspiele. Als Teenager hörte ich das erste Mal Drehorgelmusik in unserer Stadt. Seitdem bin ich dieser Musik verfallen. Nun spiele ich selbst eine Drehorgel. Berliner Musike, und Stimmungslieder und ich kann mich nicht satt hören. Was also gibt es Besseres, als an seiner Drehorgelmusik Spaß zu haben und zu entspannen? Ich ziehe durch die Städte mit meiner Drehorgel und wo ich auch spiele, ich zaubere den Menschen jung oder alt ein Lächeln ins Gesicht. Wenn Klänge einer Drehorgel erklingen, bildet sich schnell eine kleine Menschentraube, die den Orgelklängen zuhören. Kleine Kinder, aber auch Erwachsene wiegen sich im Walzertakt zur Musik. Der Leierkastenmann ist als Publikumsattraktion zu bestimmten Anlässen wieder auf Straßen und Plätze vieler Städte zurückgekehrt. Stationen meines Wirkens waren: Berlin, Hannover, Marburg, Braunschweig, Wesel, Essen, Dresden, Fehmarn, Büsum und mehrere Städte in Polen z.B. Krakau.

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Name: Heinz-Wilhelm Schnieders

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Welche Drehorgel(n) spielen Sie?: 38er Hofbauer

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Wie kann man Ihr Liederrepertoire beschreiben?: Meine Musik umfasst viele Stilepochen von Mittelalter bis Moderne, zum Repertoire gehören unterschiedliche Genres der Unterhaltungs- und klassischen Musik. Natürlich befinden sich auch die gängigen Stücke der Drehorgelkultur im Repertoire. Besonderen Wert lege ich allerdings auf die Einbindung neuzeitlicher Werke von Rock-Pop bis E-Musik.

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Wo treten Sie auf und wo liegen Ihre Präsentationsschwerpunkte?: Schwerpunkte der Auftritte sind in Fußgängerzonen, bei größeren Ereignissen wie z.B. Kulturfesten, aber auch anlässlich von Jubiläen oder in sozialen Einrichtungen wie Seniorenresidenzen o.ä.

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Wie fanden Sie zu dieser Art von Musik?: Schon als Jugendlicher war ich von der Drehorgelmusik fasziniert, sie hat mich immer wieder begleitet, als Rentner hatte ich endlich die Zeit, mich ihr mehr und mehr zu widmen.

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Wie beschreiben Sie die aktuelle Lage der Drehorgel-Community?: Die Perspektive der Drehorgelmusik ist zumindest in der Einbindung in die Alltagskultur bedroht. Die Szene leidet sehr an Überalterung und schafft es nicht, jüngere Menschen aktiv für das Instrument zu begeistern. Es reicht nicht, in musealer Weise eine wie auch immer idealisierte Vergangenheit zu beschwören.

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Wie sehen Sie die Zukunft?: Nur wenn auch das Repertoire der Drehorgelspieler aktualisiert wird und auch jüngere Menbschen anspricht, hat diese Darbietung der Musik eine Zukunft.

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Welche Wünsche hätten Sie für die Szene, wenn Sie Wünsche frei hätten?: Notwendig sind eine bessere Vernetzung der Drehorgler, eine musikalische Qualifizierung z.B. auch zur Verbesserung der musikalischen Qualität sowie Angebote der Fort- und Weiterbildung.

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Name: Albrecht Hoffmann

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Welche Drehorgel(n) spielen Sie?: 37/70 Harmonipan von Hofbauer mit Microbox 2000 und watterott steuerung

Wie kann man Ihr Liederrepertoire beschreiben?: Klassik (Titel vor 1880) und neuer , Walzer moderner Art, Märsche, Wander- und Volkslieder (älterer und neuerer Art), moderne Kompositionen: Schlager, Balladen, Rock 'n Roll, Twist, lateinamerikanische Tänze, Filmmusiken, Schnulzenmusik (Flippers ect.), schottisch-irische Stücke, Heimatlieder

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Wo treten Sie auf und wo liegen Ihre Präsentationsschwerpunkte?: Überwiegend in Altenheimen und Hospizen, Fußgängerzonen

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Wie fanden Sie zu dieser Art von Musik?: Kindheitstraum erfüllt

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Wie beschreiben Sie die aktuelle Lage der Drehorgel-Community?: Durch Beiträge wie Ihre wird die prekäre Lage nicht besser, denn eine konstruktive Zusammenarbeit der unterschiedlichen Clubs und engagierten Personen wie Ihnen unterbleibt leider.

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Wie sehen Sie die Zukunft?: Traurig, aber wahr: es ist tatsächlich ein Überalterungsproblem! Wer von den jungen Menschen, die mit dem Handy groß geworden sind und Musik millionenhaft streamen können interessiert sich noch für so ein antiquiertes Musikikinstrument wie die Drehorgel? Vermutlich wird die "Prinzessin der Instrumente" im Jahr 2050 nur noch im Museum zu finden sein.

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Welche Wünsche hätten Sie für die Szene, wenn Sie Wünsche frei hätten?: Endlich eine Anerkennung der unterschiedlichen Steuerungen als gleichwertig. Wer fährt denn heute noch einen VW mit 28 PS und Seilzugbremse außer zu Oldtimertreffen? Wer auf der Straße Musik macht, kann sich kaum lange Pausen leisten, zumal die Lärmschutzauflagen bereits einen Standortwechsel nach 20 Min. vorschreiben.

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Interessantes, Besonderes, Lustiges?: Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass mein Reportoire an Liedern (ca. 2400) für fast alle Ansprüche genügt. Ein Zukauf neuerer Kompositionen ist immer auch ein finanzieller Kraftakt (Rentner mit schmaler Rente).

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Name: Adelbert E. Brossart

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Welche Drehorgel(n) spielen Sie?

Variiert, zur Zeit 3 mechanische Drehorgeln: *- 31/100 Raffin Konzert, 2005, Josef Raffin Überlingen • *- 20/31 Raffin Mini, 2016 Josef Raffin Überlingen • *- 20er „Balbina“, 2004, Sondermodell, „eine von zehn“ Orgelmanufaktur Jäger&Brommer Waldkirch/ Breisgau • Zeitweise hatte ich schon gleichzeitig fünf unterschiedliche Drehorgeln, in meinem Besitz waren auch zwei historische Walzenorgeln mit 26 Tonstufen und zwei 26 er Ariston, wie auch eine 31/62 Akkordeonzungen Drehorgel aus dem Hause Raffin.

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Wie kann man Ihr Liederrepertoire beschreiben?: 

Bin für alles offen, klassisch, modern, passe mich dem Publikum und den Gegebenheiten an. Mit meiner Musik versuche ich Freude zu vermitteln, du gibst etwas und erhältst etwas zurück, das du mit keinem Geld der Welt sonst erhalten kannst. Musik ist grenzenlos, unabhängig von Alter, Sprache oder Hautfarbe. Ohne Worte, obwohl ich auch immer wieder zu meiner Musik singe, findet Man(n), Frau, Kinder, Zugang zu den Mitmenschen. Das ist das was zählt und das was bleibt. Viele unglaubliche Erlebnisse und Geschichten mit Anderen, die ich ohne meine Drehorgel Musik nie erfahren hätte. Die Drehorgel ist kein magisches Instrument, aber ihre Musik umhüllt ein magischer Zauber, der Dich auf besondere Art berührt und dich „umfängt.

 

Wo treten Sie auf und wo liegen Ihre Präsentationsschwerpunkte?:

Überall da, wo meine Musik, mein Hund (Bella Bertha) und ich mit offenen Armen empfangen und „geliebt“ werden. Komme aus dem „Wilden Süden“ bis hoch nach Estland. War bereits 6 mal bei den streetorgan summerdays in Tartu. Kleines, feines Event mit circa 15 Drehorgler/ innen aus der halben Welt!: Mexiko, Japan, Schweden, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Slowakei, Deutschland, Dänemark, Norwegen, Österreich, Frankreich, etc. immer wieder neue Musiker, Geschichten, die nur das Leben schreibt. Und überall herzliche, gastfreundliche Menschen, vor allem im europäischen „Ausland“, die einen mit offenen Armen empfangen und annehmen.

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Fahre auch seit mehreren Jahren nach Keszthely, Ungarn, nach Wien in den Böhmischen Prater, nach Maria Lanzendorf, war letztes Jahr in Kosice, Slowakei ind zu diversen kleinen Festivals in Deutschland oder auch mal nach Frankreich. Spiele auf Wunsch bei Veranstaltungen ( egal wo und was!), Geburtstag, Hochzeit, Beerdigung etc. Jede Woche bin ich in „meinem Altersheim mit Hund, mache Musik, singe, erzähle Geschichten und tanze auch manchmal, auch ganz spontan mal bei Events auf der Straße, wo ich mir einfach jemanden „schnappe“! Kurzum, spiele überall ob bei jung/alt, groß/klein, dick/dünn, Hauptsache ich kann Freude bereiten, das ist was die Herzen verbindet. Musik ist Schokolade für unsere Seele und hat den Vorteil, dass sie noch nicht mal „dick“ macht!! Hab mal gesagt, nichts ist unmöglich, musiziere mit meinen Drehorgeln im stehen und im gehen, bei Tag und bei Nacht, drinnen und draußen, ob kalt oder warm, im Frühling, Sommer Herbst und Winter, auf dem Wasser, in der Luft, falls gewünscht sogar unter Wasser.

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Wie fanden Sie zu dieser Art von Musik?: 

Gehört…! Gesehen…! Getan…!

 

Wie beschreiben Sie die aktuelle Lage der Drehorgel-Community?: 

Drehorgel Musik seit über 200 Jahren, das wird auch weiterhin Bestandteil unserer menschlichen Kultur sein.

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Wie sehen Sie die Zukunft?: 

In meinem Denken und Handeln sehe ich die Zukunft der mechanischen Musik in einem durchaus positivem Licht.

Welche Wünsche hätten Sie für die Szene, wenn Sie Wünsche frei hätten?: Bin, so wie es ist, zumindest was mich betrifft, zufrieden. Keine Wünsche von meiner Seite. Jeder Mensch sollte nach seiner „fasson“ selig werden…! ( Friedrich der Große)

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Interessantes, Besonderes, Lustiges?

Das Leben ist kein Wunschkonzert, oftmals bittere Realität! Als „alter Lateiner“ und Nichtschwabe sag ich da für mich: „Tel Aviv“ „so isch‘s lääbe ääbä…“ Und dem ist, nix mehr hinzuzufügen. • Als Pfälzer bei den Schwaben, spiel ich weiter auf meiner „badischen“ Drehorgel auch französische Melodien und fühle mich dabei als freier Mensch und Weltbürger nach dem Motto: „Die Gedanken sind frei…“

 

 

Name: Ullrich Schäfers

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Welche Drehorgel(n) spielen Sie?

 

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Ich hab drei Drehorgeln:

1. Eine 37er Hofbauer mit zwei schaltbaren Registern (Zauberflöte 8' und Holzgedackt 4' - zusammen 64 Pfeifen), die ich mit der großen Hofbauer-Percussion ausstatten kann und die dadurch dann zur "38er" wird.

2. Eine 37er, gebaut von Ingo Kötter (tongleich mit der 37er Hofbauer) mit drei schaltbaren Registern (Zauberflöte 8' und Holzgedackt 8' und Violine 4' - zusammen 97 Pfeifen)

3. Eine 48er, gebaut von Ingo Kötter (tiefste und höchster Ton ist tongleich mit der 37er Hofbauer = vier Oktaven voll chromatisch) mit 6 schaltbaren Registern: Zauberflöte 8', Gedackt 8' - davon 12 Bässe (getrennt schaltbar), Violine 8', Violine 4', Gedackt 8' für 8 oktavierte Bässe zusammen 149 Pfeifen

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Wie kann man Ihr Liederrepertoire beschreiben?

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Ich war immer bemüht, solche Titel zu arrangieren, die man bis dahin auf Drehorgeln noch nicht gehört hat. Das betrifft sowohl sehr alte Stücke der Klassik, als auch moderne Stücke aus Rock und Pop, die sich großenteils inzwischen aber auch gut als "Klassiker" bezeichnen lassen.

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Wo treten Sie auf und wo liegen Ihre Präsentationsschwerpunkte?

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Angefangen habe ich 1993 als reiner Straßenmusiker (mit Wandergewerbeschein und Steuernummer). Mit der Zeit haben sich dann aber mehr und mehr Buchungen und Aufträge dazu gesellt, die ich sowohl für privat, als auch für Gewerbetreibende und Institutionen ausführen konnte. Auch sind nach und nach viele Seniorenresidenzen dazu gekommen.

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Wie fanden Sie zu dieser Art von Musik?

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Eine lange Geschichte, die abgekürzt so klingt: Durch widere Umstände aus der geplanten Berufslaufbahn katapultiert fand ich eine neue Aufgabe und "Unterschlupf" bei Fa. Orgelbaumeister Hofbauer in Göttingen und bin hier zum ersten Mal in meinem Leben mit diesen Instrumenten in Berührung gekommen. Wie bei den meisten Drehorgelfans gab es bei mir also keinen ersten Kontakt und keine "Infizierung" in der Kindheit. Nach fünf Jahren ständig wachsender Begeisterung für mechanische Musik im Allgemeinen und für die Drehorgel im Besonderen hatte ich dort soviel gelernt und erfahren, dass ich mich mit einer ersten eigenen 38er Orgel aus diesem Haus als Drehorgelspieler selbständig machen konnte.

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Wie beschreiben Sie die aktuelle Lage der Drehorgel-Community?

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Die Zunft der DrehorgelspielerInnen (ich möchte hier ausdrücklich darauf hinweisen, dass es glücklicherweise seit längerem auch zunehmend Spielerinnen gibt) wird zunächst einmal getragen von vielen Individualisten. Jeder Spieler ist ein Original und in der Summe bilden wir einen sehr bunten "Haufen" von vielen "schrägen Vögeln". Das macht es schwer, von einer wirklichen Gemeinschaft zu sprechen. Das verbindende Glied ist das Instrument - die Drehorgel - und die Musik, wobei sehr viele Akteure bis heute nostalgisch motiviert sind. Es ist die "Liebe" und Faszination zu den alten Instrumenten und zu der alten Musik, die sie verbindet. Zwar steigt seit Jahren auch die Zahl derer, die aktuelle und neue Musik wünschen und spielen möchten - es finden sich aber nur sehr schwer und darum zu wenige Arrangeure, die diese neue Musik auch produzieren.

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Wie sehen Sie die Zukunft?

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In Ermangelung von prophetischer Weisheit kann ich für die Zukunft nur einen Glauben und einen Verdacht äußern, nämlich den, dass die Drehorgel nicht ganz verschwinden , das Interesse daran aber weiterhin ein Nischendasein führen wird. Die schwindende Mitgliederzahl im größten deutschen Verein für Drehorgelfreunde, das Schließen von ehemals großen Drehorgelmanufakturen, das drastisch angestiegene Angebot von gebrauchten Instrumenten sind Indizien dafür und haben den großen Boom der 1990er Jahre ins Gegenteil verkehrt.

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Welche Wünsche hätten Sie für die Szene, wenn Sie Wünsche frei hätten?

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…eigentlich nur einen Wunsch: Dass mein oben erwähnter Glaube und Verdacht sich nicht bestätigt, und die Drehorgel wieder mehr und mehr in das öffentliche Bewusstsein geführt und als ein allen anderen Musikinstrumenten ebenbürtiges und gleichberechtigtes Instrument angesehen wird. Dazu beitragen könnte auch ein Zurückfahren von zunehmend rigiden Vorschriften und Spielregeln von Kommunen gegenüber Straßenmusikern, die mittlerweile in manchen Gemeinden zu einem völligen Spielverbot geführt haben.

 

Interessantes, Besonderes, Lustiges?

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Im Laufe der Jahre habe ich bei ungezählten Auftritten in der Öffentlichkeit viele lustige und auch weniger lustige "Geschichten" erlebt. Ein Beispiel für ersteres: Während ich in Braunschweigs Fußgängerzone den Standplatz wechseln will und dafür meine Orgel durch die Menschen schiebe, baut sich plötzlich eine alte Dame vor mir auf, zwingt mich so zum Stehenbleiben und wettert sehr laut auf mich ein: "SIE, sind SIE nicht der Leiermann, der immer bei uns in der Gartenstraße spielt?" Einige Passanten bleiben stehen und beobachten gespannt, was jetzt wohl passieren mag. Ich erschrecke über diese grobe Art der Ansprache und sofort meldet sich mein Gewissen: "O Gott, hast Du dieser armen alten Frau vielleicht den Mittagsschlaf geraubt - und das am Ende sogar mehrfach?" Doch bevor ich dazu komme, mit meinem schlechten Gewissen eine plausible Entschuldigung zu formulieren sagt sie: "Ne, wenn ich sie mir genauer anschaue - das sind sie ja gar nicht! Ich wollte Ihnen eigentlich fünf Mark geben, aber so…!" - wendet sich ab und geht einfach weiter. Zur zweiten Kategorie gehören unfreundliche Kommentare bis hin zu Beschimpfungen von Passanten, Platzverweise durch Ordnungsamt und Polizei (aber alles zum Glück nur Ausnahmen) oder eine Begegnung mit einem offensichtlich durch Drogen geistig gestörten jungen Mann, der sich den Griff meines Orgelwagens schnappt und die Orgel mit dem Wagen umwirft. Er wurde von Passanten festgehalten und von der gerufenen Polizei abgeführt.

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Namen: Michaela und Burkhard Hochstraß (Burkhard hat die Fragen beantwortet)

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Welche Drehorgel(n) spielen Sie?

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Wir haben eine 20er Notenbandorgel von Hofbauer, die ich um ein gedacktes Holzpfeifenregister erweitert habe. Dazu kommt eine 26er von Hofbauer mit einem Gehäuse von Schuhknecht. Diese war ursprünglich eine Walzenorgel und ist um die Jahrtausendwende in eine Notenbandorgel umgebaut worden. Als letztes haben wir 2020 eine 31er Drehorgel von Stüber erworben, mit zuschaltbarem Register mit offenen Holzpfeifen und einem Piccoloregister mit offenen Holzpfeifen. Alle drei Drehorgeln sind kurz nach dem Erwerb zusätzlich zu der Rollenmechanik um eine MIDI-Steuerung erweitert worden. Somit können sie jetzt im Drehorgelspiel mitmachen.

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Wie kann man Ihr Liederrepertoire beschreiben?

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Eigentlich quer durch die Musikwelt. Da wir noch nicht so lange dabei sind, wird bestimmt noch das eine oder andere hinzukommen.

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Wo treten Sie auf und wo liegen Ihre Präsentationsschwerpunkte?

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Meistens sind wir in Rees oder Wesel am Rhein unterwegs oder besuchen eine Senioreneinrichtung, um etwas Musik zu machen. Einmal im Jahr leiere ich ein offizielles Drehorgeltreffen in Rees an. In Linz am Rhein und in Weert NL kann man uns auch antreffen. Es ist immer schön, wenn sich die Mitmenschen über unsere Musik freuen und strahlen.

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Wie fanden Sie zu dieser Art von Musik?

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Drehorgeln waren schon immer unser Wunsch, und irgendwann hatten wir genug Geld, um es für eine Drehorgel ausgeben zu können. Danach kamen halt noch zwei weitere, weil die Vorbesitzerin sie nach und nach verkauft hat, da sie sich nicht mehr in der Lage sieht, die Orgeln zu handhaben.

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Wie beschreiben Sie die aktuelle Lage der Drehorgel-Community?

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Wir haben am Niederrhein und im Ruhrgebiet eine kleine Gemeinschaft von Drehorgelspielern, die zusammen spielen und sich auch bei Drehorgelveranstaltungen treffen. Wir nennen uns die Drehorgelfreunde NRW. Ich glaube, die Scene ist im Umbruch, da viele Veranstaltungen, wo üblicherweise Drehorgelspieler eingeladen wurden, neuerdings ohne Drehorgeln stattfinden. Oft hat in den Vorständen der Vereine und der Sponsoren einen Generationswechsel gegeben, wobei die neuen Leute eher andere Vorstellungen von Veranstaltungen haben. Dafür gibt es dann nach und nach mehr kleine Drehorgeltreffen, die mehr oder weniger als Straßenmusik in Sinne der GEMA durchgeführt werden. Ich denke, das größte Problem ist die Kostenstruktur der GEMA, die leider immer wieder gerade kleine Veranstaltungen verhindert, an denen kein Geld verdient wird. Es ist in meinen Augen ein Unding, dass die GEMA-Gebühren bei unserem Drehorgeltreffen in Rees mit Abstand der größte Kostenpunkt ist.

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Wie sehen Sie die Zukunft?

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Im Moment sieht es so aus, als wenn wirklich viele vor allem große Drehorgeln verkauft werden, weil sie dem Besitzer zu groß und schwer werden. Manche hören jetzt auch ganz auf, weil sie sich nicht mehr in der Lage fühlen, mit der Drehorgel loszuziehen. Das hat man uns schon seinerzeit in Kleve erzählt, als es dort noch ein Drehorgelfestival gab. Es kommen aber noch junge Leute nach, die die Drehorgel für sich entdecken. Drehorgelspieler werden weniger.

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Welche Wünsche hätten Sie für die Szene, wenn Sie Wünsche frei hätten?

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1. Die GEMA stellt Drehorgelmusik generell, auch auf Veranstaltungen, gebührenfrei. 2. Eine einheitliche großzügige Regelung zu Straßenmusik für ganz Deutschland, auf die man sich auch berufen kann.

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Interessantes, Besonderes, Lustiges?

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Bisher hat in Rees noch niemand gemeckert, wenn wir dort mit der Drehorgel aufgetaucht sind.

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